Vertrauen und Eigenverantwortung

Ich habe schon öfters darüber geschrieben – aber so wie es gesund ist für uns täglich Obst und Gemüse zu essen, so ist es gut, wenn wir uns immer wieder den wesentlichen Themen rundum die Begleitung von Kindern widmen.
Nachdem mir die beste Schwester der Welt das zweite Foto in diesem Beitrag geschickt hatte, konnte ich nicht anders…deshalb dieser Blog-Eintrag:
Kinder wollen die Welt entdecken. Sie folgen ihren Interessen und probieren aus, was alles geht oder auch nicht geht.  Ihre Neugier, ihre Entdeckerfreude, ihr Wissensdurst ist manchmal unersättlich. Sie stellen Fragen über Fragen und nicht selten passiert es uns Erwachsenen, dass wir auf eine ihrer Fragen keine passende Antwort haben. Sie sind in ihrem Element, wenn sie ihren Interessen, ihren Neigungen nach gehen können und entwickeln dabei unermessliche Energie und Ausdauer. Zudem sind sie mutig, dass mir manchmal die Spucke weg bleibt. Der Drang, Dinge auszuprobieren, sich und ihre Kräfte zu messen ist so stark, dass wir Erwachsene daneben aussehen wie die größten Langeweiler.
Diesen Entdeckergeist finde ich schön und sehr inspirierend! Allerdings merke ich als Mama auch manchmal eine kleine Portion Unsicherheit und Angst.
Wird das alles gut gehen ?


Wenn sie wieder mal alleine durch den Wald streifen oder beim Apfelbaum in die Baumkrone klettern. Wenn sie unbedingt ganz schnell mit dem Fahrrad den steilen Abhang hinunter fahren oder mit dem Nachbarshund alleine spazieren gehen wollen. Wenn sie das allergrößte Pferd mit Wasser abspritzen oder ein Feuer machen wollen um sich ein Würstchen zu braten.
Es ist ja eine ganz natürliche Komponente ihrer Entwicklung, dass sie die Welt entdecken wollen, schauen, wo ihre Grenzen und vor allem ihre Interessen sind, sich ausprobieren und mit ihren Fragen den Dingen auf den Grund gehen. Und doch spüre ich als Mama oft dieses Luft anhalten, wenn sie abenteuerlich unterwegs sind oder mir mit ihren Fragen die eigene Unwissenheit oder Unsicherheiten klar machen.
Ich finde es für mich als Mama eine große Herausforderung, ihnen bei ihren Vorhaben nicht durch meine Ängste und Unsicherheiten zu enge Grenzen zu setzen, die sie in ihren Entdeckungen einschränken könnten.
Ja, es ist meine Aufgabe, für ihre Sicherheit zu sorgen und ein wenig abzuschätzen, wie gefährlich ihre Vorhaben sind. Aber mal ehrlich – könnt ihr da eure Ängste immer heraus dividieren und die Sache ganz objektiv betrachten? Ich kann das nicht.

Also übe ich mich darin, zu vertrauen. Immer wieder. Und mit den Kindern offen zu reden: „Hmm…ich merke grad, dass ich etwas unsicher bin, wenn du da hinauf kletterst. Bitte klettere nur so weit hinauf, wie du dich sicher und wohl fühlst, ok? Ich bleibe hier unten stehen und schau dir zu.“ Vertrauen und zumuten. Denn nur dadurch können sie lernen, für sich und ihr Tun Verantwortung zu übernehmen. Auch mir muss ich es zumuten, dass etwas passieren könnte. In allen Dingen steckt das Potential der Eskalation. Damit müssen wir leben. Wir können noch so gut aufpassen und versuchen unsere Kinder vor sämtlichen Gefahren und unschönen Dingen dieser Welt zu schützen – es gibt keine Garantie, dass nicht doch irgend etwas passiert.

Wie gerne würde ich Kindern nur die allerschönsten Sonnenseiten des Lebens zeigen – aber sie sind schlauer als wir. Sie merken, dass die dunklen Seiten auch da sind. Sie fragen, warum der Regenwald zerstört wird. Sie wollen wissen, warum die Menschen so dumm sind und ihre Gesundheit durch Zigaretten oder Alkohol gefährden. Die Antworten hierzu sind niemals einfach. Zu erklären, dass die Menschen, die das tun auch ihre Geschichte haben, die dazu führt, dass sie Suchtmittel konsumieren oder die Weltwirtschaft alles andere als lebensdienlich ist konfrontiert mich auch mit meinen Werten und meiner Positionierung diesen Themen gegenüber.
Und auch hier versuche ich zuzumuten – ihnen und mir selbst, wie die Dinge sind. Zumuten und vertrauen, dass sie ihren Weg finden, in dem sie die Welt entdecken dürfen, auch mit ihren Schattenseiten, auch mit allen Gefahren die es gibt. Dass sie sich ausprobieren dürfen und sich dadurch besser kennen lernen, dass sie lernen zu verstehen, wie die Dinge zusammen hängen um sich dann klar zu positionieren. Denn es hilft nichts, sie vor allem zu schützen und mit 18 Jahren von ihnen zu erwarten, dass sie nun für sich selbst verantwortlich sind und ihr Leben in die Hand nehmen. Das würde nicht funktionieren. Das ist klar.

 

Unser Vertrauen in sie und ihre wachsenden Fähigkeiten ist von Anfang an gefragt. Unser Vertrauen um die Kinder in die Eigenverantwortung wachsen zu lassen. Damit sie festen Schrittes ihren Weg gehen können. Eigenständig und Unabhängig.