„Wenn du es eilig hast, mache einen Umweg“

„Wenn du es eilig hast, so mache einen Umweg!“ So lautet ein chinesisches Sprichwort. Es kommt mir von Zeit zu Zeit in den Sinn, vor allem dann, wenn viel los ist und ich gefühlt an drei Orten gleichzeitig sein sollte und zumindest fünf Dinge nebeneinander zu erledigen hätte. Geht ja leider nicht. Oder zum Glück?

Weniger ist mehr. Lass dir Zeit. Sei im Hier und Jetzt. Kennt ihr bestimmt alle, diese Sprüche.
Im Kopf wissen wir es meistens schon lange, dass es nichts bringt, wenn wir eilen und hetzen, nicht ganz bei der einen Sache und schon halb bei der Nächsten sind, wenn wir funktionieren und organisieren…
Aber bekanntlich ist der Weg vom Wissen zum Tun ein langer. Was mir hilft, langsamer durch den Alltag zu gehen, ist Bewusstheit.
Und das übe ich – bewusst.
Also stehe ich morgens auf und gehe mit langsamen, bewussten Schritten durch die noch finstere Wohnung. Spüre, wie meine Fußsohlen den Boden berühren, wie sich der Boden anfühlt, ob ich die Füße satt aufsetzen kann, eher schwanke, ob ich irgendwo verspannt bin…so kann ich langsam in den Tag starten.
Angefangen habe ich mit diesen morgendlichen Spaziergängen vor ein paar Jahren, als ich den ersten Taj Ji Kurs besucht habe. Nun ist es mir zu einer liebgewonnenen Gewohnheit geworden.

Bewusstheit durch Bewegung führt zur Selbsterkenntnis und zur Entdeckung bislang ungeahnter Möglichkeiten in uns selbst.“
Moshé Feldenkrais

Aber nicht nur in der Bewegung, auch im Sitzen, Liegen und Stehen gibt es viel für die eigene Bewusstheit zu entdecken. Wie ist das mit der Schwerkraft? Versinke ich fast im Boden oder kann ich mich auf dem Boden liegend regenerieren? Wo ruht mein Kopf beim Stehen?  Nehme ich den Raum ein, der mir zusteht? Spüre ich Raum in mir? Wohin wende ich meine Aufmerksamkeit?  Zum Schmerz oder zum Wohlsein? Zu den Dingen die schlecht laufen oder zu den Dingen, die gut laufen? Kann ich genießen was ist?
Wir waren am Samstag wieder bei einem Sensory Awareness Seminar und so schwingen noch einige dieser Fragen in mir. Es hat mich zudem motiviert, nicht nur des Morgens bewusst durch die Wohnung zu gehen, sondern zwischendurch am Tag – beim Kochen oder Zähne putzen – mir meinem Körper, meinem Tun und meinem Sein wirklich bewusst zu sein.  Natürlich ist das neben Kindern, Arbeit, Haushalt usw. nicht immer so einfach, aber es gibt sie, diese Momente am Tag, an denen ich Zeit habe, um inne zu halten. Und die sind sehr wertvoll! Sie regenerieren mich und helfen mir, mehr bei mir zu sein, wenn mal wieder viel los ist.

Kennt ihr diese Momente des bewussten Inne haltens? Wie geht es euch damit?

Übrigens: die drei Hocker auf dem Foto sind von Charles Brooks, dem Weggefährten von Charlotte Selver (Sensory Awareness Begründerin) gemacht worden – jetzt haben wir sie zuhause – was für ein Glück! Die Sitzknochen kommen wunderbar zum Einsatz 😉