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Wenn ihr mir vor zehn Jahren gesagt hättet, dass meine Kinder jedes Jahr, wirklich – JEDES JAHR hunderte von Kastanien mit nach Hause schleppen, um sie täglich, manchmal sogar mehrmals täglich durch die ganze Wohnung ziehen zu lassen, ich hätte euch –  ehrlich gesagt – den Vogel gezeigt! Meine Kinder?? Gut, ja, ich hätte es ihnen in der Kleinkindphase zugetraut, weil ich es doch auch so wichtig finde, dass Kinder sich mit unstrukturierten Materialien beschäftigen, weil das so gut ist für die Sinne, die Wahrnehmung und so gesund und natürlich in der Beschaffenheit. Eh klar. Auch im Kindergartenalter hätte ich euch zugestimmt, dass sie sich damit noch gerne verweilen, Kastanienmännchen und andere Figuren gestalten, am Boden Muster legen, Kastanien zählen usw. Im frühen Volksschulalter, so dachte ich mir, hört das dann langsam auf…dann ist es nicht mehr sooo interessant, weil sie das ja schon etliche Jahre gemacht haben. (Angefangen mit der Kastaniensammlerei haben wir als der Herr Sohn  einenhalb Jahre alt war). Aber – nein – es ist natürlich wieder mal ganz anders und ich finde also schon achteinhalb Jahre jeden Herbst und Winter Kastanien unter dem Klo, hinter der Tür, in meinen Schuhen, auf dem Regal, in der Küche, vor der Waschmaschine und teilweise auch im Bett der Kinder. Ach, es wird einfach nie langweilig mit Kindern, oder?! Täglich darf ich über die großen Schüsseln mit den Kastanien oder über mit Kastanien bedeckte, ausgebreitete Decken klettern, denn die Kinder wollen ja nicht, dass eine der Kastanien schimmelt – um Gottes Willen! So werden die Kastanien also regelmäßig „gewendet“ wie sie das bezeichnen und gewissenhaft auf den großen Decken am Boden ausgelegt.

Gestern haben sie alle Kastanien gezählt: 924 Stück. Sie versicherten mir, dass es noch viel mehr werden. Schließlich bringen sie vom Schulweg frische Kastanien mit oder gehen hinüber zum Nachbar um nachzuschauen, ob der Kastanienbaum wieder ein paar fallen hat lassen. So eine Freude aber auch!!! Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie viel Gras, Blätterreste oder auch Erdkrümel an diesen Kastanien noch dran sind, wenn diese mit den Kinderhänden oder in Hosensäcken transportiert in unsere Wohnung gelangen. Seufz. Unsere Nachbarn bekommen zudem einen Geduldsorden, denn es ist enorm, was für ein Krach diese braunen Dinger machen, wenn sie durch ein langes Kartonrohr rauschen um dann im langen Gang entlang zu kullern!

Aber eigentlich bin ich ja doch ganz froh, dass sie mit Kastanien zufrieden sind und uns nicht in den Ohren liegen mit irgendwelchem Spielzeugwünschen, Handy oder Video-Spiele-Quatsch! Und spätestens in zehn Jahren werden sie bestimmt endgültig ihre Spielfreude mit Kastanien gesättigt haben, oder?!