Auszeiten

Dreieinhalb Tage Fortbildung lagen vor mir. Aber bis ich die Wohnungstür hinter mir zu ziehen konnte, um auf meine Mitfahrgelegenheit zu warten, brachte ich den reinsten Organisations- und Erledigungsmarathon hinter mich.

Zwischen Kinder in die Schule/in den Kindergarten bringen und Mittags wieder holen wollte ich noch…

…einkaufen…Wäsche waschen…meine Haare waschen…Staub saugen…Koffer und Arbeitsunterlagen zusammenpacken…liegen gebliebene Klamotten und Spielsachen aufräumen…kochen…e-mails beantworten und schreiben…

Warum dieser Aufwand? Dieses „Alles muss gemacht und für die nächsten dreieinhalb Tage vorbereitet sein“? Als ob es kein Morgen gäbe und ich zu 100% verantwortlich dafür wäre, dass alles auch während meiner Abwesenheit reibungslos klappt. Dabei weiß ich doch, dass mein Partner alles gut auf die Reihe kriegt und ich keine Angst zu haben brauche, dass er eines der Kinder aus versehen bei den Meerschweinchen im Gartenhäuschen einsperrt.

Auf der Fahrt zum Fortbildungsort war ich mit den Gedanken hin und wieder zu Hause. Ich ärgerte mich über mich selbst. Ich hatte mich so auf diese Fortbildung gefreut und  dabei übersehen, dass ich loslassen musste um nicht im Mama-Modus hängen zu bleiben.

Und natürlich kam es bei einem Telefonat mit meinem Mann zu einer unnötigen Auseinandersetzung, weil ich aus der Ferne meinte, ich müsste guten Rat geben. Dann kapierte ich es endgültig und beschloss, mich nicht mehr zu Hause zu melden.
Wenn irgend etwas passieren sollte, so sagte ich mir, würde ich das erfahren.

„Und jetzt bist du einfach da und fertig!“

Die Fortbildung war ja eh so genial-interessant, witzig-unterhaltsam und
spannend-lehrreich. Ich kam mir vor wie ein Kind, das eintaucht in die Welt des Forschens, Entdeckens und Erkennens.

Ich habe in einem Steinbruch Versteinerungen gefunden, Blumen und Blütenteile unter dem Mikroskop betrachtet, Tierknochen klassifiziert, Getreidearten, Vogelarten, verschiedene Bäume und Dinosaurier kennengelernt.

Dass die Referenten mit ihrem unendlichen Wissen und ihrer so achtsamen, respektvollen, empathischen Haltung mich tief beeindruckt haben und ich Inspiration für zwei Leben bekam, wäre ein weiterer Artikel wert.

Es war erholsam – obwohl die Fortbildung intensiv war. Dreieinhalb Tage ohne Haushaltsaufgaben und vor allem ohne Mama-Funktion.

Ja, wir sind verantwortlich für unsere Kinder – aber nicht für alles. Ja, wir Mamas kümmern uns um unsere Kinder. Aber es ist wichtig, dass wir uns auch um uns selbst kümmern. Es ist gut, wenn wir uns immer wieder darin üben, los zu lassen. Nicht nur bei den kleinen alltäglichen Dingen: wenn sie schon alleine in die Schule spazieren oder alleine ihr Frühstück zubereiten möchten (und nebenbei üben wir, über die Küchen-Kathastrophe hinweg zu sehen). Auch zeitliche, räumliche Auszeiten tun allen gut. Denn sonst wird es nur eng und einschränkend, je älter die Kinder werden.
Und schließlich ist es auch gut, wenn die Kinder uns als ganze Persönlichkeit mit Bedürfnissen und Eigensinn kennenlernen und nicht nur als immer
„Allzeit-bereit-Mama“! Das ist mir wieder ganz bewusst geworden in diesen Tagen.

Als ich am Montag Abend nach Hause kam, waren die Kinder schon im Bett. Ich ging in ihr Zimmer. Sie waren noch wach. Die kleinen weichen Ärmchen, die mich freudig umarmten, ihr müdes, überglückliches „Mama, du bist wieder da!“ ließ mich unsere tiefe Verbundenheit spüren. Wunderschön ist es, nach Hause zu kommen.

Ich fühlte mich rundum zufrieden, ausgeglichen und freute mich da zu sein, wo ich jetzt war. Ich war gesättigt nach Hause gekommen. Hatte Zeit für mich gehabt, gut geschlafen, viel gelernt, viel gesehen. Ich war mehr im Kontakt mit mir und konnte mich auf den Kontakt mit den Kindern, mit meinem Mann wieder ganz einlassen.

Ja – es geht auch ganz gut ohne mich. Klar – die Kinder brauchen mich (und ich möchte keinen Tag mit ihnen missen). Aber ich brauche auch mich.

Wie gelingt es euch, das Mama-Sein und für euch sein zu vereinen? Wie gelingt euch dieses Los lassen?

 

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