Jedes Kind ist anders und bringt vielleicht schon die eine oder andere Charaktereigenschaft mit auf die Welt und vergleichen geht sowieso nicht und außerdem hat ja jedes Kind durch diverse Erfahrungen unterschiedlichstes für sich gelernt. Naja – jedenfalls ist es für mich immer wieder erstaunlich, was diese kleinen und in diesem speziellen Fall nicht mehr ganz so kleinen Wesen machen. Klingt das positiv?
Also nochmal: ehrlich gesagt habe ich mich gestern gefragt, ob das schon wirklich so gewollt ist, dass diese mir anvertrauten Kinder – also, meine in mir gewachsenen und unter mühevoller Arbeit herausgewurstelten Kinder – sich so zeigen.
Da versuche ich unter Aufbringung all meiner Geduld ganz gelassen zu sein, wenn die Frau Tochter schon wieder etwas vergessen hat, aber schon in voller Schulmontur im Garten steht und ich ihr ihre Sieben-Sachen nachtragen muss, weil es sonst stressig wird. Ja, freilich begleite ich sie JEDEN MORGEN dabei, sich für die Schule bereit zu machen – ohne ihr die Dinge zu sehr abzunehmen. Aber nein – es ist jeden Tag einfach etwas anderes, was ihr dann doch noch einfällt oder wofür es sich zu heulen lohnt! Wirklich erstaunlich, dieser Einfallsreichtum! Mal sind es die Haare, die unbedingt noch zu einem Schwanz gebunden werden sollten. Am nächsten Tag braucht sie trotz Regenklamotten doch einen Schirm und am übernächsten ärgert sie der große Bruder und dann passt sowieso für zehn Minuten gar nichts.
Alles nur eine Phase sagt ihr? Ja, stimmt eh. Und wenn ich sie mir genauer anschaue, dann weiß ich, dass sie in einer gewaltig großen Entwicklungsphase steckt, die sie Schwung holen lässt und sie dazu veranlasst, sich einerseits wie ein wirklich ganz kleines Kind zu verhalten und im nächsten Augenblick wie eine Jugendliche in der wildesten Rebellion.
Aber manchmal da packt mich das Unverständnis. So wie gestern. Auf dem wirklich sehr geräumigen Basteltisch, den die Frau Tochter am Meisten benützt, hat sich eine Schicht aus Papier, Büchern, Stiften, Scheren, Karton, Geburtstagseinladungen, Fadenspulen, Kuscheltieren und unzähligem Krimskrams gebildet, die – und hier übertreibe ich nun wirklich kein bisschen!!! – mindestens 8 cm hoch war. Die Tischplatte war schon lange nicht mehr zu sehen.
Lange, ganz lange macht mir das nichts aus. Da lass ich sie kreativ sein und freu mich, wenn sie so viele Ideen hat und sich beschäftigt mit zeichnen, basteln, nähen usw. Aber irgendwann kommt der Punkt, da nervt mich dieses Chaos! Vor allem dann, wenn sie wegen diesem Chaos mit ihren kreativen Tätigkeiten auf den Esstisch oder ins Kinderzimmer ausweicht und dort in kürzester Zeit auch alles belegt. Klarerweise biete ich ihr mehrmals an, dass ich sie beim Aufräumen unterstütze. Aber nein – Madame hat keine Zeit, keine Lust und sowieso muss sie das und dieses noch fertig machen…
Gestern war ich dann so weit, dass ich ihr ein Ultimatum gestellt habe: entweder aufräumen oder es landet alles im Mistkübel. Habt ihr sie schreien gehört? Es war einer dieser Ausbrüche, bei denen du dich fragst, ob jetzt gleich das Jugendamt klingelt um das Kind in Sicherheit zu bringen, denn so schreit doch nur ein Kind, dem Gewalt angetan wird.
Nein – das kann sie! Alle Achtung! Dazu kam, dass ich gestern nicht so ganz im Reinen mit mir war, zu wenig Schlaf, zu viel Halsweh, zu viele Termine….und ja – da fehlte mir das Verständnis und ich konnte sie nicht so begleiten, wie ich es eigentlich wollte. Ich wurde auch etwas laut.
Zum Glück hab ich auf sie gehört als sie mich aus dem Zimmer gewiesen hat: „Mama, geh jetzt raus, ich will alleine sein.“
Nach einiger Zeit kommt sie ganz entspannt wieder und zeigt mir stolz, dass sie alles aufgeräumt hat. Klar denk ich mir in solchen Momenten „Warum denn nicht gleich?! Musste dieser verrückte Gefühlsausbruch sein? “
Ich habe mich bei ihr dafür bedankt, dass sie für Ordnung gesorgt hat. Ich habe sie auch gefragt, ob sie eine Idee hat, was wir da das nächste Mal besser machen könnten, damit die Situation nicht so eskaliert. Leider Fehlanzeige. Ich hab ihr nochmals versichert, dass ich ihr gerne beim Aufräumen helfe und einfach von Zeit zu Zeit Ordnung brauche. Ob es wieder eskaliert beim nächsten Mal? Vielleicht nicht. Aber es gibt sicher ein anderes Thema, bei dem der Dampfkochtopf überläuft.
Der ganz normale Familienwahnsinn eben. Heute kann ich darüber schon lachen. Gestern war mir nicht zum Lachen. Ganz ehrlich. Ich hab mich gefragt, was das alles soll? Muss das sein? Wieso jetzt? Ist das noch normal?
Zum Glück ist mir dann aber die Karte in die Hände gefallen mit dem Spruch: „Ein bisschen verrückt ist völlig normal“
Ja, hin und wieder benehmen wir uns alle daneben. Auch unsere Kinder. Angepasstheit bringt nämlich auch nix. Gar nix. Also – lieber von Zeit zu Zeit ein bisschen verrückt, oder?