Ein lebendes Wesen in Not

Heute beim Wäsche aufhängen, kamen mir viele Gedanken bezüglich der Erde und ihrer Not in den Sinn.  Ich dachte daran, dass zur Zeit das Weltwirtschaftsforum kaum zwei Stunden Autofahrt von mir stattfindet. Der Aufwand – alleine der Sicherheitstechnische – ist für mich so absurd! Und alle Medien berichten darüber  – über dieses ach so wichtige Treffen der scheinbar so wichtigen Menschen, die so wichtige Wunder-Worte austauschen – und dann? Dann fliegen sie alle wieder nach Hause und ich denke mir, wären sie doch zuhause geblieben und die Kosten, die ein solches Treffen verursacht, könnten für sinnvollere Dinge eingesetzt werden. Ich spürte so viel Wut und Trauer in mir über die verfahrene Situation auf der Erde. Unendliche Traurigkeit über das Leid all der Lebewesen – egal ob Menschen, Tiere oder Pflanzen.

„Ich bin nicht John Seed, der den Regenwald schützt.
Ich bin ein Teil des Regenwaldes, der sich selbst schützt.“
John Seed, Regenwald-Aktivist

Nichts existiert unabhängig, sagt der Dalai Lama. Wir können nicht eine Handlung setzen und meinen, dass sie keine (globalen) Auswirkungen hat. Alles ist ineinander verwoben, wir sitzen alle im gleichen Boot und das Tun jedes Einzelnen von uns hat Auswirkungen auf alles…
Heute habe ich wieder einmal gemerkt, dass mich das Wissen um die Not der Erde einfach nur frustriert. Da stand ich und fühlte mich ohnmächtig angesichts all der wichtigen Aufgaben, die wir als Menschheit dringend anpacken sollten. Der Frust, die Wut, die Trauer – lähmt und macht kraftlos. Positiv denken? Heute ging das nicht.
Wo anfangen?  Wo weitermachen?

Machen wir Eltern, die wir Kinder in die Welt begleiten nicht schon genug? Wir vermeiden Plastik wo es nur geht, kaufen ökologisch und fairtrade, (so es unser Geldbeutel irgendwie zulässt), wir gehen lieber zu Fuß als das wir ins Auto steigen, viele von uns essen schon lange kein Fleisch mehr und verzichten auf – ja auf was? Auf was verzichten wir wirklich? Ist es denn ein Verzicht oder eigentlich eine Erleichterung?
Und was sollen wir unseren Kindern erklären, wenn sie uns Fragen über unsere Lebensführung stellen? Und die werden sie uns stellen, wenn sie alt genug sind um ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Und viele Kinder warten sowieso nicht damit, erst groß zu werden und dann nachzufragen, sie merken jetzt schon, dass das Pendel gefährlich ausschlägt.
Wie geht es euch, wenn ihr von euren Kindern gefragt werdet, warum die Eschen überall gefällt werden?
Was erzählt ihr euren Kindern, wenn sie fragen, ob die Tiere im Schlachthof wissen, dass sie sterben müssen? Was antwortet ihr euren Kindern, wenn sie fragen, warum es Flüchtlinge gibt, warum es immer noch nicht geschneit hat und Anfang Januar schon die Haselsträucher blühen?


Vielen Menschen wird mit der Geburt eines Kindes endgültig bewusst, dass es nun darum geht Verantwortung zu übernehmen. Vorallem für dieses kleine Wesen, das da in die Welt hinein wächst. Verbunden mit vielen Wünschen und Hoffnungen, freuen wir uns darauf, dieses Menschenkind als Erwachsenen mit beiden Beinen im Leben stehen zu sehen. Nur – wie wird denn dieses Erwachsenenleben aussehen? Was auf unsere Kinder und deren Kinder zukommt können wir alle trotz der vielen Prognosen von Experten nicht genau wissen…

Ja, heute hat mich die Not der Welt als lebendes Wesen sehr tief berührt. Und eigentlich ist das ganz natürlich, denn wäre es nicht grausam, angesichts solcher Not nichts zu empfinden?