Entspannte Umgebung?

Jetzt gehen also tatsächlich beide unsere Kinder in die Schule. Die ersten zwei Wochen haben wir gut geschafft. Jeden Morgen um 6 Uhr aufstehen, damit wir um kurz nach sieben aus dem Haus können. Jeden Morgen gemeinsam frühstücken, jedem eine Jause und etwas zu trinken richten,  Zähne putzen, Haare frisieren, halbwegs saubere Klamotten anziehen und los gehts.
Wie die Zeit vergeht! Zwei Schüler! Keine Kleinkinder, keine Kindergartenkinder – nein – zwei Schulkinder!
Ich bin sehr glücklich und freue mich, dass sie in einer Schule sind, die die Kinder in ihrer Individualität stärkt. Beide haben wunderbare Lehrerinnen, die Wert darauf legen, die Kinder Kind sein zu lassen und dafür keinen Wert auf zu vielen Hausaufgaben!
Durch die Jahrgangsmischung, die offenen Lernformen, die alternative Leistungsbeurteilung ist es genau die Schule, die ich mir für die Kinder gewünscht habe.

Natürlich merke ich auch, dass sie ordentlich gefordert sind. Alleine schon das große (neue) Schulhaus in dem die Volks-und Mittelschüler untergebracht sind, ist eine Umstellung für sie. In den Pausen tummeln sich da mehr als 600 Kinder auf den Schulhöfen der Schule.
Wenn sie am Mittag nach Hause kommen, nach einem intensiven Vormittag mit vielen Konzentrationsphasen, Unruhemomenten und einem guten Fußmarsch mit Schultasche auf dem Rücken, ist die Energie von Beiden öfters mal im Keller. Dann zanken sich die Zwei wie wild, streiten um Kaisers Bart, ärgern sich gegenseitig und weinen bei jeder Kleinigkeit.
Zum Glück kann ich dann für sie da sein. Dass sie nach Hause kommen können, wir gemeinsam am Tisch sitzen und langsam Ruhe einkehren kann tut gut. Ihnen und mir. Langsam lösen sich die Anspannungen, langsam tanken sie wieder auf und dann verbringen wir den Nachmittag so, wie es uns gefällt. Was für ein großes Glück, dass ich die Möglichkeit habe, mir meine Arbeit so einteilen zu können, dass ich zu Hause sein kann für die Kinder.

Wenn sie am Mittag so „geladen“ nach Hause kommen (was natürlich nicht immer der Fall ist) frag ich mich, was sie wohl alles erlebt haben, dass sie so unrund sind. Dann klingen oft die Worte von Mauricio Wild in meinen Ohren. Auf die Frage unzähliger Teilnehmer der Wild-Kurse, warum denn die Kinder so und so reagieren und so und so „drauf“ sind, antwortete er oft mit der einfachen Gegenfrage: „Ist die Umgebung entspannt?“
In der Schule ist es wahrscheinlich nicht immer so entspannt, wie es sich die Lehrer (und Schüler) wünschen würden. Wo viele Menschen zusammen sind, ist es keine einfache Sache, die Umgebung entspannt zu halten.
Es ist ja auch in der Familie nicht immer möglich, dass alles entspannt abläuft, wir selber entspannt sind usw.
Aber das sind meist nur kurze Phasen.

Ich überleg mir dann auch, was mit all den Kindern ist, die nicht nur phasenweise sondern fast ständig weder Zuhause noch in der Schule eine entspannte Umgebung erleben. Wie geht es ihnen? Wenn da keiner da ist, der sie auffängt, der dafür sorgt, dass sie ihre Emotionen wieder ins Lot bringen können, wenn kein Raum da ist, um der eigenen Spur zu folgen, wenn Manipulation und zu viele Anforderungen und Ansprüche auf die Kinder eindringen?
Ich glaube nicht gut. Und leider bekommen diese Kinder all zu schnell den Stempel „schwieriges Kind“ aufgesetzt .

Kein Kind, das sich gut fühlt, benimmt sich schlecht.
Mauricio Wild

Ja, dieses Zitat stimmt für mich absolut.  Das merke ich bei meinen eigenen Kindern und erlebte und erlebe ich immer wieder bei den Kindern, die ich begleite. Natürlich ist das nicht immer einfach anzunehmen. Schnell taucht die Frage auf „was mache ich falsch?“
Was mir dann hilft ist, selbst ruhig zu werden. Einfach mal zu schauen, was jetzt für Emotionen da sind. Bei den Kindern und bei mir. Und welche Bedürfnisse dahinter nicht gesehen werden. Von da geht es dann Schritt für Schritt weiter bis jeder wahrgenommen wird, gesehen wird. Ohne Bewertung. Sondern einfach mit dem was gerade ist. Auch wenn das nicht immer schön ist. Aber es ist jetzt da. Und dann kann sich was lösen, die Anspannungen, die Wut, die Angst,…dann kommen wieder andere Energien zurück. Dann ist die Chance groß, dass sich die Situation, die Umgebung wieder entspannt.

Ich glaube, dass es sich manchmal lohnt, der Frage nachzugehen, ob die Umgebung entspannt ist – für uns selbst  und für unsere Kinder.
Ist eure Umgebung entspannt?