Gehen auf der Linie

Einen ganzen Tag widmeten meine Kollegin Cornelia Schreiber und ich uns gemeinsam mit 19 Teilnehmerinnen dem Thema „Gehen auf der Linie“. Diese „Übung des täglichen Lebens“ von Maria Montessori entstand durch ihre Beobachtungen an Kindern, die im Alter von 3-6 Jahren gerne auf Mauern balancieren, um ihren Gang und ihr Gleichgewichtsgefühl zu verfeinern.

Die Teilnehmerinnen, die alle in elementarpädagogischen Einrichtungen wie Kindergarten und Kleinkindbetreuung tätig sind, konnten sich durch viele Selbsterfahrungs- und praktische Übungen ein Grundwissen über diese wertvollen Tätigkeit aneignen.

Wir diskutierten viel über die Wichtigkeit des „zu sich finden“, „zur Ruhe kommen“ der Kinder, die in den Einrichtungen betreut werden. Gerade in der Schnelllebigkeit unserer Zeit eine große Herausforderung – auch schon für die Kleinsten!
Beim Gehen auf der Linie geht es also nicht nur einfach darum, den eigenen Gang zu harmonisieren, das Gleichgewicht zu verfeinern, sondern auch darum, aufeinander zu achten, langsam zu werden, sich ein zu lassen und die Ruhe in der bewussten Bewegung zu finden. Und das kann auf ganz viele verschieden Arten ausprobiert werden: Einfach nur gehen auf der Linie, mal ohne Musik, mal mit Musik. Etwas kann getragen werden – in einer Hand, irgendwann auch in zwei Händen und sogar auf dem Kopf! Dabei gilt es, die anderen Gehenden nicht zu bedrängen oder zu stören, sondern sich auf sich selbst zu konzentrieren und im gegenseitigen Wahrnehmen ein gutes Miteinander zu erleben. Wesentlich ist es, die Kinder langsam an diese Übungen heran zu führen, so dass sich die Schwierigkeiten langsam steigern und für jedes Kind und seine Fähigkeiten Platz ist.

Der Austausch mit den Pädagoginnen ist bei jedem Seminar sehr wertvoll! Auch Cornelia und ich lernen bei jedem Seminar dazu. Schade ist nur, dass vom Land und der Fortbildungsorganisation nun die Doppelhonorare gestrichen wurden. Dies bedeutet für uns als Referenten, dass wir uns gut überlegen müssen, ob sich die ganze Vorbereitungsarbeit, das Präsent-Sein während des Seminars und die Nachbereitungszeit für uns lohnt mit nur einem Honorar, welches wir uns teilen müssen. Die Qualität leidet, wenn wir solch umfangreiche Themen, die scheinbar simpel aber doch sehr komplex sind, mit nur einer Referentin abdecken müssten. So sehen das nicht nur Cornelia und ich sondern auch andere Referenten, die im Duo Seminare für Pädagoginnen und deren Assistentinnen anbieten.

Warum wird überall im Bildungsbereich gespart obwohl doch klar ist, dass gerade das Fundament des Lebens am Meisten Aufmerksamkeit und Investition braucht? Bis jetzt hab ich noch kein Argument gehört, welches für mich Sinn macht! Ihr etwa???